Etwas mehr als 28 Jahre ist es her, dass sich Belgien und Argentinien zuletzt auf dem WM-Rasen gegenüberstanden. Damals in Mexiko war es jedoch nicht – wie am Samstag in Brasilia (18 Uhr) – die Runde der letzten Acht, sondern sogar das Halbfinale. Seinerzeit auf dem absoluten Karriere-Zenit angekommen, sorgte Diego Armando Maradona mit zwei Treffern im Alleingang für das Aus der „Roten Teufel“. Knapp drei Jahrzehnte und vier verpasste Weltmeisterschaften später hat sich eine wiedererstarkte und mit hochtalentierten Kräften geradezu übersäte belgische Elf nun nicht weniger vorgenommen, als die damalige erste „Goldene Generation“ um Superstar Enzo Scifo mit einem Viertelfinal-Triumph über Messi & Co. zu rächen.
[table id=99 /]
*Ergebnis nach der regulären Spielzeit
Belgien einfach bärenstark
Ob nun auf den Straßen von Brüssel, im königlichen Palast oder in der Aren Fonte Nova zu Salvador – ganz Belgien war nach dem knappen aber hochverdienten Zittersieg gegen die USA (2:1 n.V.) aus dem Häuschen. Kein Wunder, schließlich hat das vom Fußballgott in den vergangenen zwei Jahrzehnte verlassene und verfluchte Team der „Roten Teufel“ damit erstmals seit der WM 1986 wieder ein WM-Viertelfinale erreicht. Vor allem die Art und Weise wie dies von der jungen Truppe um Eden Hazard (FC Chelsea) und Kevin de Bruyne (VfL Wolfsburg) bewerkstelligt wurde, hat in der Fußballwelt nachhaltigen Eindruck hinterlassen.
„Wir hatten jederzeit Spielkontrolle und haben dominiert“, analysierte der belgische Trainer Marc Wilmots. Besonders imponiert hat dem Coach dabei, dass seine junge Mannschaft gegen aufopferungsvoll kämpfende US-Boys auch in der Verlängerung nie die Nerven verloren hat. Einzig und allein mit der Chancenverwertung war das ehemalige Schalker „Kampfschwein“ unzufrieden: „Was ich bemängeln muss: Wir haben nicht getroffen.” Trotz unzähliger hochkarätigster Chancen (Torschussstatistik 27:6 für Belgien), brachten es die Belgier nämlich erst in dritten Minute der Verlängerung zu Stande, den Ball vorbei am bärenstarken US-Keeper Tim Howard ins gegnerische Netz zu bugsieren.
Nach vier Siegen aus vier WM-Spielen ist das Selbstvertrauen nun natürlich auch vor dem WM-Highlight gegen die „Albiceleste“ riesengroß. Laut Jean-Marie Pfaff, dem ehemaligen Schlussmann des FC Bayern und belgischen WM-Helden von 1986, braucht sich die Wilmots-Elf auch vor dem zweimaligen Champion nicht zu verstecken: „Ich sehe für uns durchaus gute Möglichkeiten, denn ich denke, dass die mannschaftliche Geschlossenheit Belgiens ein Vorteil sein kann, wenn es gelingt, Lionel Messi und Angel di Maria in ihrem Aktionsradius etwas einzuschränken.”
Argentinien geht den Dornenweg – und kommt weiter
Wie für vier andere Gruppensieger (Deutschland, Brasilien, Belgien, Costa Rica), die über 120 Minuten gehen mussten, war der Viertelfinaleinzug auch für Argentinien ein knüppelhartes Stück Arbeit. In seinem letzten Spiel als eidgenössischer Teamchef stellte Trainerfuchs Ottmar Hitzfeld seine Truppe nämlich noch einmal so gut ein, dass sie über weite Strecken sogar auf Augenhöhe mit dem zweifachen Weltmeister agierte. So war es am Ende lediglich das berühmte Quäntchen Glück, das die Truppe um Megastar Lionel Messi eine Runde weiterbrachte. „Wir waren nervös, wir haben kein Tor geschossen, die Zeit vertan. Wir wollten auf keinen Fall ins Elfmeterschießen. Das ganze Spiel war eine Leidensgeschichte. Aber wir wissen nun, dass wir auch durch solche Momente durchkommen. Das muss man genießen“, fasste der heilfrohe viermalige Weltfußballer des Jahres die Geschehnisse von Sao Paulo erschöpft zusammen.
Neben der Fähigkeit in jeder Sekunde des Spiels den entscheidenden Treffer erzielen zu können, hat die Elf von Alejandro Sabella aber erkennen lassen, dass sie sich gegen einen kompakt stehenden Gegner der immer wieder zu überfallartigen Kontern ansetzt enorm schwer tut. Hätte die Schweiz ihre Großchancen nämlich nicht reihenweise in den Sand gesetzt, wäre ebenso gut ein argentinisches Achtelfinal-Aus möglich gewesen.
„Es war eines der stressigsten Spiele in meiner Karriere. Ich habe viel als Trainer erlebt, aber das ist die WM, wir vertreten mehr als 40 Millionen Argentinier, da musst du ein Tor schießen, auch wenn das Elfmeterschießen droht. Die Zeit zerrinnt,” stand der Angstschweiß dem argentinischen Coach auch nach dem Spiel noch auf der Stirn. Es bleibt spannend zu erwarten ob die im Vergleich zur Schweiz noch offensivstärkeren „Rode Duivels“ Argentiniens Torhüter Sergio Romero noch mehr fordern werden. Vieles spricht dafür. Schließlich muss die Sabella-Elf im Viertelfinale auf ihren gelbgesperrten Stamm-Innenverteidiger Marcos Rojo verzichten.
Es wird wieder spannend
Wir erwarten einen wahren Viertelfinal-Kracher, der sich zu einer der spektakulärsten WM-Partien entwickeln könnte. Da sich beide Teams nahezu auf Augenhöhe befinden, wird die Partie voraussichtlich durch eine oder mehrere Einzelaktion der auf beiden Seiten in einer Vielzahl vorhandenen Weltklasse-Spieler entschieden werden. Gut möglich, dass dies abermals erst in der Verlängerung der Falls sein wird.
Die Wettanbieter sehen Messi & Co. leicht im Vorteil
Geht es nach den – zu WM-Zeiten niemals ruhenden – Buchmachern, erscheint ein argentinischer Sieg innerhalb der klassischen Dreiwegwette am realistischsten. Angesichts einer Siegquote von etwa 2,10 gegenüber einer Quotierung ab 3,50 auf einen belgischen Triumph, liegt jedoch die Vermutung nahe, dass die aus aus Buchmachersicht höhere argentinische Siegwahrscheinlichkeit auf den “Messi-Bonus” zurückzuführen ist. Der „Zauberfloh” wurde nämlich nicht nur bereits vier Mal zum weltbesten Kicker, sondern bei der WM in Brasilien ebenso oft zum „Spieler des Spiels“ gewählt. Da die Remis-Quote mit etwa 3,30 verhältnismäßig niedrig beziffert wurde, deutet allerdings auch vieles auf eine abermalige Entscheidung nach Verlängerung bzw. Elfmeterschießen hin.
→ Wer wird Weltmeister? Alle Wettquoten im Vergleich